In der Vergangenheit gab es zwar wiederholt Anzeichen dafür, dass die EU-Kommission einer Aufweichung der bisherigen Gentechnik-Regelungen nicht mehr ablehnend gegenüberstand. Doch wie weit diese dabei gehen würde, war nicht zu erkennen. Anfang Juli platzte dann die Bombe: Im Rahmen ihres „Food and Biodiversity Package“, mit dem die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft und der Lebensmittelversorgung in der EU im Sinne des Green Deals gestärkt werden soll, präsentierte die Kommission ihre Pläne für einen deutlich lockereren Umgang mit der Neuen Gentechnik (NGT; new genomic techniques) in der Landwirtschaft. Werden NGT-Pflanzen, auch genetisch editierte oder GE-Pflanzen genannt, derzeit noch wie mit klassischer Gentechnik veränderte Pflanzen behandelt, so soll sich das künftig weitreichend ändern.
Prüfung von Risiko entfällt. Für den Großteil dieser Pflanzen soll der bisher übliche Zulassungsprozess genauso wie die Risikoprüfung entfallen, gleiches gilt für die Kennzeichnung, sofern sie nicht ausschließlich als Tierfuttermittel dienen. Die Folgen sind weitreichend: Pflanzen, deren Erbgut und Eigenschaften verändert werden, ohne artfremde DNA – den Träger von Erbinformation – einzuschleusen, können damit künftig ungeprüft freigesetzt werden. Und das, obwohl beispielsweise Bewertungen der direkten und indirekten Auswirkungen des Anbaus, etwa auf die Biodiversität, aber auch den Menschen, noch nicht gibt. Darüber hinaus sollen grundlegende Verantwortlichkeiten für die Biotech-Industrie, wie beispielsweise die Bereitstellung einer Testmethode für jeden neuen GVO (Gentechnisch Manipulierter Organismus), abgeschafft werden. Die Kosten für Tests sollen auf Kritiker überwälzt und die öffentlichen Anbauregister abgeschafft werden. Offen geblieben ist weiters die Frage der Patente.