Spermidin ist eine Verbindung aus Aminosäuren und trägt seinen Namen in Anlehnung an das männliche Sperma, das besonders viel davon enthält. Aber auch manche Darmbakterien produzieren Spermidin. Die Funktion von Spermidin ist eng an die Zellerneuerung gekoppelt. Wird der Zellstoffwechsel beschleunigt, so erhöht sich auch die Menge von Spermidin im Körper – bei einer Verlangsamung tritt der gegenteilige Effekt ein.
Fasten, Wachstum, Schwangerschaft, Reparatur von Muskelzellen nach sportlicher Anstrengung oder die Regenerierung von roten Blutkörperchen nach Blutverlust oder nach längeren Höhenaufenthalten erhöhen den Spermidinwert.
Vielfältige Wirkungen möglich. Der Eiweißstoff Spermidin spielt eine wichtige Rolle in verschiedenen zellulären Prozessen und hat vielfältige biologische Funktionen. Es kann die Aktivität von Enzymen verändern und ist zum Beispiel an der Regulation von Zellwachstum und Zellteilung beteiligt. Eine wesentliche Funktion ist die Förderung der Autophagie, das ist ein Prozess der Zelle, bei dem beschädigte oder nicht mehr benötigte Zellbestandteile abgebaut und recycelt werden. Dies trägt zur Erhaltung der Zellgesundheit bei. Für die Entdeckung der Autophagie wurde dem japanischen Zellbiologen Yoshinori Ohsumi im Jahr 2016 der Medizinnobelpreis verliehen.
Sieht man sich an, was diese Zellerneuerung kann, so liegt der Schluss tatsächlich nahe, dass sie der Dreh- und Angelpunkt für Alterungsprozesse ist: Beschädigte Zellstrukturen, eingedrungene Krankheitserreger oder fehlerhafte Proteine werden als solche erkannt, dann in kleinste Bausteine zerlegt und schließlich über den Stoffwechsel abgebaut oder wiederverwendet. Der bestehende Zellschaden wird gleichzeitig repariert oder durch neue Zellen ersetzt. Autophagie findet zum Beispiel statt, wenn wir fasten oder uns bewegen, aber eben auch Spermidin kann die Autophagie auslösen.
Diese „Müllabfuhr“-Funktion ist enorm wichtig, denn werden die Zellablagerungen im Gehirn nicht abtransportiert, so entsteht schrittweise Altersdemenz. Daher liegt der umgekehrte Schluss nahe: Wo viel Autophagie angestoßen wird, dort haben altersbedinge kognitive Abbauprozesse wenig Platz.